April 2020: Oster-Umgang – mit einem Gastbeitrag von Sabine Hufschmidt
Die Osterferien haben begonnen und die Feiertage stehen vor die Türe – doch wie gestaltet sich der Ferien- und Feiertagsumgang in Zeiten von Corona?
Ergänzend zu unseren letzten beiden Beiträgen lassen wir heute eine Rechtsanwältin im Familienrecht zu Wort kommen. Bei Sabine Hufschmidt gehen derzeit viele eilige Anfragen von umgangsuchenden Eltern ein und sie beschreibt für uns heute die Situation aus ihrer ganz persönlichen Sichtweise.
Seit Beginn von Corona häufen sich die Anfragen zum Thema Umgang – besorgte Mütter und Väter stellen viele Fragen:
Darf und kann ich Umgang zulassen?
Darf und soll ich Umgang ausüben?
Was ist verantwortungsbewusst?
Was ist mit unserem Kind und seinem Wohl?
Inwieweit gelten die Auflagen der einzelnen Bundesländer oder Städte und Gemeinden für Umgänge? Eltern sind zunehmend unsicher und es herrscht eindeutig allgemeine Verwirrung statt Klarheit!
Leider auch bei manchen Anwälten, die ihre jeweiligen Mandanten und Mandantinnen beraten. Hier vermischt sich – wie so oft im Familienrecht – Recht und Moral mit Emotion; verständlicherweise.
Was wiegt mehr? Der Wunsch und Drang zwischen minderjährigem Kind und Elternteil sich dringend wieder zu begegnen – oder das Allgemeinwohl?
Was sage ich einem Mandanten und Kindesvater, der aufgrund der Verweigerung des Umgangs das Kind bereits 6 Wochen nicht mehr gesehen hat und der gegnerische Anwalt von einer „eventuellen“ Umgangsregelung nach dem 19. April 2020 mit „Augenmaß“ spricht? Was antwortet dieser Vater seinem Kind bei Facetime, wenn das Kind berichtet, dass die Mutter es mit den Nachbarskindern spielen lässt, der Vater aber nicht kommen darf um das Kind zu betreuen und zu sich zu nehmen? Wenn bereits das Kind weiß, dass die Polizei kommen würde, wenn er sich dem Haus auch nur annähert? Dies alles auch noch, wenn Vater und Mutter in unterschiedlichen Bundesländern zu Hause sind? Wo soll der Umgang dann stattfinden? Vor allem, wenn der Kindesvater im gemeinsamen Haus wiederum mit seinen – alten – Eltern lebt? Und die Anmietung von dauerhaften Zweitwohnungen oder einer sonstigen Unterkunft in manch einem Bundesland derzeit untersagt ist! Wie geht es einem Vater, der so weit weg von seinen Kindern lebt, dass der Umgang ohnehin nur einmal pro Monat und per Flugzeug organisiert werden muss und die Kindesmutter den Umgang kurzfristig absagt; wo doch die Osterferien eine Gelegenheit der entspannten Zeit sein würden? Das Gefühl der Ungerechtigkeit und Ohnmacht ist vorhanden und steigt. Vor allem Väter sind in diesen Tagen schwer getroffen von der – Sorge oder Willkür (je nach Auffassung des Betrachters selbstverständlich) der Mütter. Es werden Termine weniger als 24 Stunden vorher abgesagt; die bevorstehenden Osterferien gestrichen. Verzweifelte Väter rufen an und brauchen Rat; doch welchen?
In den meisten Fällen konnte mit einem einfühlsamen und überzeugenden Gespräch mit der Gegenseite eine gute und zeitnahe Lösung gefunden werden. Entweder mit der jeweiligen Kindesmutter direkt – oder ihren Vertretern. In einigen Fällen muss nun das Gericht entscheiden – und hier stoßen wir leider auf die nächsten Grenzen. Denn trotz einstweiligen Verfahren – Ostern steht bekanntlich vor der Tür – wird die Frist zur Stellungnahme des Antrags auf Umgang für die Gegenseite nach Ostern gesetzt! Dies ist schlicht unsensibel und weder für den verzweifelten Vater noch das Kind oder die Rechtsvertreterin nachvollziehbar oder gar erträglich. Nach Ostern ist die Ferienregelung schließlich ad absurdum geführt!
Was könnte helfen?
Einfühlsame, eindeutige und klare Beratung pro Umgang für den jeweiligen Einzelfall durch Rechtsanwälte, Jugendamt und sonstige Beratungsinstitute. Darüber hinaus ein klares Statement pro Umgang des Gesetzgebers und deren Vertreter; die Familiengerichte müssten die einstweiligen Verfahren konsequent und unverzüglich bearbeiten und entscheiden! Elternteile sind keine Touristen! Die falsche Auslegung der vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen führt zu diesem desolaten Zustand. Hier muss unverzüglich öffentlichkeitswirksam entgegengewirkt werden, damit Kinder ihre Väter und Mütter erleben können und Umgang stattfinden kann! Es ist ein hohes Gut, welches es zu jeder Zeit zu bewahren gilt!
Vielleicht wäre es ein Thema für die nächste Ansprache der Bundeskanzlerin.
Gerade in Zeiten von Corona brauchen Kinder beide Elternteile! Umgang darf, soll und muss stattfinden!
Sabine Hufschmidt, Rechtsanwältin & Mediatorin
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